Geschichte: warum gab es Jüdische Kinder in Izieu?

Antisemitische Gesetze

Das Vichy-Regime

Das Vichy-Regime führte die deutsche Verordnung vom 27. September 1940 über die Volkszählung der Juden in der besetzten Zone äußerst eilfertig aus. Am 3. und 4. Oktober 1940 erließ es die ersten Gesetze gegen Juden; eines davon überließ es beispielsweise dem Ermessen der Präfekten, „Ausländer jüdischer Rasse“ in „Sonderlagern“ zu internieren. Andere Gesetze, die den „Status der Juden“ betrafen und ihre Lebensumstände immer prekärer und unmenschlicher machten, folgten Ende Oktober 1940 und Anfang Juni 1941.

Vichy hob die Werte der Republik auf, und zum ersten Mal wurde in Frankreich der Grundsatz der Gleichheit aller Bürger mit Füßen getreten. So wird ein Teil der französischen Bevölkerung stigmatisiert und von der nationalen Gemeinschaft ausgeschlossen.

Die französischen Internierungslager, in denen viele ausländische und französische Juden vor ihrer Deportation festgehalten werden, sind ein Instrument der französischen Kollaboration und Beteiligung an der deutschen Politik zur Umsetzung der „Endlösung“.

 

Besatzungszonen in Frankreich 1940, 1942, 1943 © B. Dressler 

 

Im Sommer 1942 verhandelte das Vichy-Regime mit ranghohen deutschen Polizeiführern ein Abkommen über die Auslieferung von 10.000 Juden aus der unbesetzten Zone und von 20.000 Juden aus der besetzten Zone. Um diesen Verpflichtungen nachzukommen, führte die französische Regierung im Sommer 1942 die umfangreichen Razzien durch. Das unbesetzte Frankreich war das einzige Gebiet in Europa, in dem die zuständigen Behörden den Nazis von sich aus Juden übergaben.

Im Juli 1942 bat die Vichy-Regierung die Deutschen um die Erlaubnis zur Abschiebung von Kindern unter 16 Jahren, die bis dahin von den Abschiebetransporten ausgenommen waren. Die deutschen Behörden akzeptierten diese Bitte und am 14. August 1942 verließ der erste Transport mit Kindern Drancy in Richtung Auschwitz. Ab da waren die Kinderheime der unbesetzten Zone keine sicheren Unterkünfte mehr.

Viele Familien der Kinder, die in Izieu aufgenommen wurden, wurden in den Lagern in Südfrankreich interniert, manchmal mehrere Jahre lang.

Die aus Baden und der Pfalz deportierten Deutschen wie die Familien Niedermann, Hirsch, Adelsheimer und Leiner, die seit Oktober 1940 im Lager Gurs interniert waren, wurden nach und nach in das Lager Rivesaltes verlegt.

 

Lager Rivesaltes, Frauen- und Kinderbaracke © Bestand Auguste Bohny 
Lager Rivesaltes, Schweizer Rettungsbaracken © Bestand Auguste Bohny

Andere Familien hatten versucht, die Demarkationslinie zu überqueren. Nach ihrer Verhaftung in der unbesetzten Zone wurden sie schließlich interniert. Die in Montbron verhaftete Familie Halaubrenner wurde ab 4. oder 6. November 1942 im Lager Rivesaltes interniert. Jakob, der Vater, wird einer Gruppe ausländischer Arbeiter (GTE) zugewiesen. Ita Rosa, die Mutter, Léon, Alexandre, Claudine und Mina, die Kinder, wurden am 23. November 1942 vom Lager Rivesaltes ins Lager Gurs verlegt.

Die ursprünglich aus Luxemburg stammende und nach Marseille geflohene Familie Waysenson wurde dort im Zuge der großen Razzien 1941 verhaftet und in Rivesaltes interniert. Hélène und Bernard, das jüngste der Kinder, werden dem Kinderhilfswerk (OSE) anvertraut.

 

Familie Waysenson Léon und Adolphe © Privatsammlung Familie Waysenson
Familie Waysenson Bernard und Hélène © Privatsammlung Familie Waysenson

Zwischen August und September 1942 wurden die Eltern der Familien Krochmal, Gamiel-Hirsch, Loebman, Wertheimer, Reis, Zuckerberg, Spiegel, Springer und Bulka deportiert.

 

 

 

 

Das OSE will Kindern helfen

In diesem Zusammenhang verstärken Hilfsorganisationen wie das Kinderhilfswerk Œuvre de Secours aux enfants (OSE), die seit 1941 in Internierungslager tätig sind, ihre Bemühungen zur Rettung jüdischer Kinder, deren Eltern interniert oder bereits abgeschoben wurden.

Sie helfen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Lager und organisieren die Freilassung, Aufnahme und Unterbringung vieler Kinder in verschiedenen Heimen, von denen sich die meisten in der unbesetzten Zone befinden. Je nach Unterkunftskapazität oder Sicherheit des Standorts werden die Kinder über Monate hinweg von einem Haus zum anderen gebracht.

Seit März 1942 betreibt Sabine Zlatin, damals Sozialarbeiterin beim OSE, das Sanatorium Saint-Roch in Palavas-les-Flots. In diesem Haus werden Kinder aus den Lagern aufgenommen, um ihnen zunächst Erste Hilfe zu leisten und später eine Unterkunft für sie zu finden.

Nach den zunehmenden Razzien und Verhaftungen in der unbesetzten Zone im Sommer 1942 beschloss das OSE, die meisten ihrer Häuser zu schließen und die Kinder aufzuteilen.

 

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Der 6. April 1944